Dynamik und Potential von Betriebssystemen

der Beduinen in den Marginalzonen Jordaniens



Die Studie analysiert die derzeitige Lage und zukünftigen Möglichkeiten für eine dauerhafte Entwicklung der Betriebssysteme in der Marginalzone Jordaniens. Der Hauptteil der Studie befaßt sich mit der aktuellen Lage, den Entwicklungsmöglichkeiten der vorherrschenden Betriebsysteme und deren ökologischen und infrastrukturellen Grundlagen. Die Analyse des derzeitigen Entwicklungsstands beinhaltet die betriebswirtschaftlichen Merkmale, Einflußfaktoren und Begrenzungen sowie soziale und wirtschaftliche Situation der identifizierten Betriebssysteme. Auf der Grundlage dieser Ergebnisse werden die gegebenen Entwicklungsmöglichkeiten für einen Zeitraum von zehn Jahren projiziert. Es wurde in methodischer Hinsicht besonderen Wert auf eine geeignete Bestimmung der Betriebssystems gelegt. Auch die Simulation der Auswirkungen von wechselnden Niederschlagsbedingungen auf die langfristigen Entwicklungsmöglichkeiten wurde detailliert ausgeführt. Auf der Basis des Betriebssystemansatzes wurden Betriebssystemanalysen der Gegenwart und Vergangenheit sowie Wirkungsanalysen ausgeführt um den Einfluß aüßerlicher Bedingungen und Maßnahmen zu untersuchen.


Die primäre Datenquelle basiert auf einer repräsentativen Betriebs- und Haushaltsuntersuchung in 130 Familien, wobei die männlichen und weiblichen Haushaltsvorstände getrennt befragt wurden. Diese Informationen werden durch verschiedene kleinere Umfragen zu äußeren Entwicklungsbedingungen wie z.B. der Lage der Markt- und Infrastruktur ergänzt. Zusätzlich werden zur vergleichenden Betriebssystemanalyse die Ergebnisse einer Studie wandernder Beduinen mit einbezogen. Die quantitative Ergebnisse für jedes Betriebssystem wurden durch das arithmetische Mittel und den Variationskoeffizient statistisch beschrieben. Zur Messung der qualitativen und quantitativen Beziehungen der sozio-ökonomischen Faktoren wurden Regressions- und Korrelationsanalysen angewandt. Zur Projektion der zukünftigen Entwicklungspfade wurden lineare Programmierungsmodelle benutzt. Statistische Ausreißer wurden durch den Hartley-Pearson-Test festgestellt und gegebenenfalls mit Hilfe der Hot-Deck-Imputation-Methode ersetzt.


Zur Bestimmung der verschiedenen Klassen von Betriebssystemen wurde die multivariate Klassifizierungsmethode bevorzugt, da hier die Möglichkeit besteht, durch eine unbegrenzte Anzahl von Variablen alle Elemente komplexer Betriebssysteme mit einzubeziehen. Die dreistufige Auswahl der Klassifikationsvariablen bezog die folgenden Indikatoren mit ein: a) Relevanz zum Forschungsziel, b) hohe Schwankungsbreite der Werte und c) niedrige Korrelation zu anderen ausgewählten Parametern. Die sich ergebenden Klassifikationsvariablen waren die Herdengröße von Schafen und Ziegen, die Weizenproduktion pro Hektar, die jährliche Anzahl der Wanderungsmonate und der Zeitraum seit der Seßhaftwerdung. Die angewandte Methode zur Distanzmessung, die Proportionalabweichungsmethode (Percent Disagreement), wurde wegen ihrer Eignung bei teilweise kategorischen Daten angewandt. Zur Bestimmung der Klassifizierungsebene (Linkage rule)wurde die Methode von WARD benutzt, die eine hohe Trennschärfe bei der Bestimmung der Cluster ermöglicht. Der Nachteil der Erstellung vieler kleiner Klassen bei dieser Methode kam bei den vorliegenden Daten und der Kombination mit der passenden Distanzmessungsmethode nicht zum Tragen.


Letztendlich konnten drei Betriebssystemstypen identifiziert werden. Der erste Typ, die Halbseßhaften Bedouinensysteme, befinden sich noch im Übergang zur seßhaften Lebensweise. Sie wandern saisonal zu entfernteren Weidegebieten, besitzen jedoch auch größtenteils feste Behausungen. Ihre vergleichsweise großen Herden bestehen hauptsächlich aus Schafen. Die Betriebssysteme dieser Gruppe sind durch eine niedrige Flächenproduktivität beim Weizenanbau und fehlendem Olivenanbau charakterisiert. Der zweite Typ, die Seßhaften Pastoralsysteme haben sich schon fest niedergelassen. Sie betreiben hauptsächlich Schafproduktion in etwas kleineren Herden und einem etwas größeren Anteil von Ziegen. Diese Betriebssysteme sind auch im Weizen- und Olivenanbau tätig, jedoch werden hier niedrigere Hektarerträge als in der dritten Gruppe, den Permanenten Regenfeldbausystemen erzielt. In diesen Fällen ist die Seßhaftwerdung seit fast zwei Generationen abgeschlossen, und die betrieblichen Aktivitäten konzentrieren sich auf hochproduktiven Getreideanbau. Auch nimmt die Olivenproduktion einen weiteren Raum ein. Die Tierhaltung, basierend auf kleineren Ziegenherden verliert hier jedoch seine Bedeutung. Es ist zu bemerken, daß in allen Betriebsystemen die Abstammung von wandernden Beduinen bestätigt wurde und der seitdem verstrichene Zeitraum angegeben werden konnte. Dieser nimmt dabei in der Folge von Halbseßhaften Beduinen zu Seßhaften Pastoral- und zu Permanenten Regenfeldbausystemen kontinuierlich ab.


Die Modellierung der zukünftigen Entwicklungspfade stellt die Einkommensmaximierung unter alternativen betrieblichen und außerbetrieblichen Möglichkeiten in einem Zehnjahreszeitraum in den Mittelpunkt. Die linear-rekursiven Modelle eines jeden Betriebssystems beinhalten jeweils Investitionsmöglichkeiten, simulieren niederschlagsbedingte Ertragsschwankungen und testen die Auswirkungen möglicher staatlicher Eingriffe. Dabei ist die Simulierung der Ertragsbedingungen ein Kernstück der Modelle. In einem ersten Schritt wurden die Niederschlagsmengen für die zehnjährige Periode aus langjährigen Statistiken mit Hilfe eines Zufallsgenerators ausgewählt. Im zweiten Schritt wurden die damit zusammenhängenden Erträge kalkuliert. Kornerträge wurde dabei auf der Basis von gebietstypischen Niederschlag/Ertragskoeffizienten für Gerste und Weizen geschätzt. Nachfolgend wurden die Stroherträge bestimmt. Ihre Berechnung basiert auf den festgestellten Strohertagsverhältnissen bei verschieden Kornerträgen von Weizen und Gerste. Die Proteinlieferung der Weide auf Getreidefeldern wurde mit durchschnittlichen Stroh/Kornverhältnissen und den Eiweißgehalten unreifen Getreides bestimmt. Die Eiweißlieferungen der natürlichen Weide wurde auf der Grundlage von Indizes geschätzt, die das rgionaltypische Verhältnis von Trockensubstanz-erträgen zu Niederschlägen angeben. Die erhaltenen Trockensubstanzerträge wurden sodann mit den durchschnittlichen Eiweißgehalten multipliziert.


Die Ressourcenbasis der Betriebssysteme erfährt tiefgreifende Veränderungsprozesse im Übergang von Wandernden zu Halbseßhaften Beduinensystemen, seßhaftem Pastoralismus- und Permanenten Regenfeldbausystemen. Obwohl die Anzahl der Familienmitglieder konstant bleibt, sinken die familiären Arbeitskapazitäten, da der Anteil von außerbetrieblicher Beschäftigung und der Schulbesuch der Kinder deutlich zunimmt. Die Herdengrößen verringern sich und der Anteil der Ziegenhaltung nimmt zugunsten der Selbstversorgung prozentual zu. Die Zuverlässigkeit der Wasserversorgung erhöht sich, während die Wandernden und Halbseßhaften Bedouinensysteme immer noch weitgehend von saisonalen, mit den Niederschlagsverhältnissen schwankenden Wasserquellen abhängig sind. Allgemein ist eine Bedrohung der dauerhaften Wasserversorgung festzustellen. Im Besonderen bei Permanenten Regenfeldbausystemen wurden die vor einiger Zeit noch weitverbreiteten Regenwasserreservoirs aufgrund fehlender Anreize vernachlässigt. Land wird hauptsächlich durch Vererbung erworben. Der Bodenwert steigt in seßhaften Betriebssystemen sprunghaft an, während die Flächengrößen sinken. Beduinen- und Seßhafte Pastoralisten besitzen noch größere Anteile marginalen Landes. Dieses könnte jedoch von potentiell hohem Wert sein, wenn in der weiteren Entwicklung die Anlage von Bewässerungssystemen ökonomisch durchführbar wird. Das zur Verfügung stehende Gesamtkapital der Betriebssysteme steigt im Übergang von wandernden zu Halbseßhaften Beduinen und Seßhaften System des Pastoralismus an, sinkt dann jedoch bei den Permanenten Regenfeldbausystemen wieder ab. Kapital in Form von Transportmitteln und Tieren nimmt im Übergangsprozess ab, während letztendlich Gebäude den Hauptwertanteil darstellen. Die Seßhaften Pastoralsysteme besitzen das meiste Eigenkapital, weil sie hohe Land- und auch Gebäudewerte ihr eigen nennen. Jedoch wird der flexible Zugang zu den Kapitalwerten bei seßhaften Systemen zunehmend erschwert, da Tierkapital seinen ehedem hohen Anteil am Gesamtvermögen verliert.


Die Möglichkeiten der Schaf- und Ziegenhaltung werden durch organisatorische Restriktionen und Subsistenzprioritäten begrenzt. Die Haltung von Ziegen erfordert höhere Aufmerksamkeit und Arbeitskapazitäten. Auf der anderen Seite können Ziegen steile Randlagen beweiden und werden zur Selbstversorgung mit Milch und Fleisch meist bevorzugt. Die Tierproduktion intensiviert sich in den Seßhaften Pastoral- und Permanenten Regenfeldbausystemen. Im Besonderen zeigen sich in den Permanenten Regenfeldbausystemen die höchsten Deckungsbeiträge im Vergleich, während die Seßhaften Pastoralsysteme die höchsten Deckungsbeiträge in der Schafhaltung aufweisen. Der Anteil der Milchproduktion erhöht sich während des Übergangsprozesses. Regressionsergebnisse zeigen zudem an, daß mit sinkenden Herdengrößen die Deckungsbeiträge pro Tier und die Abhängigkeit von Marktfutter deutlich ansteigen. Desweiteren erniedrigt sich der Wertanteil der anderen und insgesamten Markzukäufe sowie der Nahrungsmittelversorgung im selben Ablauf.


Futter stellt bei weitem den höchsten Produktionsmittelanteil dar. Staatlich subventionierte Futtermittel machen den größten Teil des zugekauften Futters aus. In Herbst und Winter wird die Versorgung der Herde hauptsächlich durch diese Getreidekleie- und Gersten-Hirsemischungen sichergestellt. Die Weideperiode beginnt im zeitigen Frühjahr und endet im frühen Winter, wobei aber nur die Frühjahrsweide wesentlich zur Futterversorgung beiträgt. Im Lauf der Entwicklung zu seßhaften Betriebssystemen schwindet der Anteil der Weideflächen und ist besonders klein bei den Permanenten Regenfeldbausystemen. Während des Sommers wird das Grasen von Grünland durch die Beweidung ungeernteter Getreideflächen und später auch Stoppelfelder abgelöst. Vorbeugende oder produktivitätssteigernde Maßnahmen in der Tierproduktion werden von den Bauern vorsichtig beurteilt und nur von einer Minderheit angewandt, besonders im Fall der Permanente Regenfeldbausysteme. In Seßhaften Pastoralsystemen kommen Rassetiere in der Schafzucht zu einem kleineren Teil zum Einsatz, während die geläufigen Impfungen außer in den Permanenten Regenfeldbausystemen unregelmäßig angewandt werden. Tierhygienische Bedenken bei reinrassigen Zuchttieren, vermutete niedrige Wirksamkeit von Impfungen oder auch fehlendes Know-how und ein bisher geringer Grad an Auseinandersetzung mit den Themen hält die Betriebssysteme davon ab, solche Maßnahmen vermehrt oder regelmäßiger anzuwenden.


Während der Übergangsprozesse zu seßhaften Systemen verringert sich das Ausmaß und die Vielfalt der Probleme in der Tierproduktion, und das Hauptproblem verlagert sich von unzureichenden Subventionsmengen an Futter zu fehlenden Beratungsmöglichkeiten.

Weizen und Gerste sind die Hauptanbaufrüchte. Die Produktionsintensität ist generell niedrig, aber erhöht sich bedeutend beim Übergang zu Permanenten Regenfeldbausystemen, während sich gleichzeitig die Produktionsrichtung von Futtergersteanbau zu Marktweizenanbau verlagert. Die Bracheperioden verringern sich ebenfalls im allgemeinen, passen sich jedoch hauptsächlich den jährlich schwankenden landwirtschaftlichen Bedingungen an.


Obwohl keine eigentlichen Fruchtfolgen praktiziert werden, wird doch zwischen Weizen- und Gerstenanbau gewechselt. Dies trifft besonders für Permanente Regenfeldbausysteme zu. Die unvorteilhaften Niederschlagsbedingungen lassen keinen größeren Anbau von Futter- oder anderen Leguminosen zu. Teilweise vorkommende kleinere Felder mit Leguminosen oder auch Dauerkulturen werden mit Haushaltswasser bewässert. Etwa ein Drittel der Familien bei Halbseßhaften Beduinen und Seßhaften Pastoralsystemen, jedoch nur 15 % bei Permanenten Regenfeldbausystemen haben schon Erfahrungen mit einer Form der Bewässerung gesammelt. Die Anlage von Bewässerungssystemen würde von ca. der Hälfte aller Betriebssysteme bevorzugt werden, der hohe Kapitalbedarf und staatliche Reglementierungen verhindern jedoch die Verwirklichung. Wechselwirkungen von Faktoren der Pflanzenproduktion mit anderen Betriebs- und Haushaltsparametern sind relativ gering und weniger signifikant. Immerhin erhöht sich der Anteil ungeernteter und zur Weide verpachteter Getreideflächen mit zunehmender Marktorientierung deutlich. Auch wurde eine signifikante Abhängigkeit der Produktionsmittelintensität vom Gesamtvermögen und der Investitionen in Gebäudeanlagen der Betriebssysteme festgestellt, besonders im Fall von Düngereinsatz.


Insgesamt ist der Produktionsmitteleinsatz im Vergleich zur Tierproduktion gering. Lohnunternehmer für Pflügen und Transportarbeiten verursachen die wesentlichen Kosten im Pflanzenbau, und nehmen auch hier im Übergang zu Permanenten Regenfeldbausystemen ab. Der Einsatz von produktionssteigernden Inputs nimmt hier jedoch proportional gesehen wesentlich zu. Hohe Ertragsrisiken werden als Hauptgrund für den insgesamt geringen Einsatz solch kostenintensiver Produktionsmittel genannt. Vor allem in der Weizenproduktion besteht jedoch bei einem Drittel der Halbseßhaften Beduinen und Seßhaften Pastoralsysteme, sowie der Hälfte der Permanenten Regenfeldbausystemen Bedarf an vermehrtem Einsatz von Pestiziden und Fungiziden, scheiterte bisher jedoch vor allem an fehlender fundierter Beratung. Während Herbizide überhaupt nicht zum Einsatz kommen und auch kein zukünftiger Bedarf besteht, ist die Beseitigung mangelnder Düngung ein Hauptanliegen bei einem Drittel aller Betriebssysteme. Der fehlende Einsatz wird im Allgemeinen mit geringer Liquidität in Zeiten des Bedarfs und mangelnder Beratung im Fall der Permanenten Regenfeldbausysteme begründet.


Beim Übergang von Halbseßhaften Beduinen zu Seßhaften Pastoralsystemen und Permanenten Regenfeldbausystemen nimmt die Bedeutung und Vielfalt der pflanzenbaulichen Probleme zu. In der Reihenfolge ihrer Häufigkeit werden als Haupterschwernisse das Vorkommen von Dürreperioden, Produktivitätsprobleme, Mangel an Land, Kapital sowie Liquiditätsengpässe und unzureichende Versorgung mit Produktionsmitteln und Beratung genannt.


Die Verwendung von Familienarbeitskräften dominiert in allen Betriebssystemen gleichermaßen. Langzeitbeschäftigte Hirten stellen den größten Anteil an externen Arbeitskräften dar. Im Übergang von Halbseßhaften Beduinen zu Seßhaften Pastoralsystemen und besonders zu Permanenten Regenfeldbausystemen glätten sich die Arbeitsspitzen und machen einer gleichmäßigeren Verteilung verschiedenartiger und kleinerer Arbeiten Platz. Im gleichen Prozeß verringert sich der Bedarf und die Ausgaben bei außerfamiliären Arbeitskräften, während die Arbeitsproduktivität insbesondere in der Tierproduktion ansteigt. Die Verringerung der Herdengrößen bedingt eine deutliche Verringerung des Arbeitsbedarfs vor allem in Frühling, welcher wiederum signifikant negativ mit der Höhe des Betriebseinkommens korreliert ist. Der landwirtschaftliche Einsatz weiblicher Familienarbeitskräfte ist deutlich mit dem Anteil gärtnerischer Aktivitäten, der Selbstversorgung mit pflanzlichen Produkten, außerlandwirtschafticher Beschäftigungen der Männer und auch höherem Einkommen korreliert.


Dauerhaft abnehmende Fruchtbarkeit der Weide - und Kulturflächen wird von der Mehrheit aller Betriebssysteme beobachtet, jedoch werden als Ursache klimatische und nicht menschenbedingte Einflußfaktoren geltend gemacht. Ein kleinerer Teil der Bauern, hauptsächlich in Seßhaften Pastoralsystemen, sehen aber Überweidung der Grünflächen hier als Hauptursache an, wobei kontrollierter Weidezugang und Privatisierung der Weideflächen als vorrangige Lösungsmöglichkeiten genannt werden. Jedoch fehlen Vorschläge zur Organisierung einer möglichen Weidekontrolle. In allen Betriebssystemen der Marginalzone sind Erfahrungen mit positiven externen Maßnahmen zur Eindämmung der Weidedegradierung, z.B. durch staatliche Stellen unbekannt. Im Gegenteil sind ca. ein Sechstel der Halbseßhaften Beduinen und Seßhaften Pastoralsystemen der Meinung, daß bestehende Weidereservate wegen überwiegend negativer Auswirkungen geschlossen werden sollten. In diesen Betriebssystemen wird auch eine zunehmende Abhängigkeit von Marktfutter wegen der abnehmenden Weideproduktivität vermerkt. Im Fall von Getreideanbauflächen ist sich die Mehrzahl in allen Betriebssystemen der anhaltenden Abnahme der Bodenfruchtbarkeit bewußt, wobei Bodenerosion besonders in Permanenten Regenfeldbausystemen als Hauptgrund erkannt wird. Eine Ausnahme stellen die Seßhaften Pastoralsysteme dar, wo sogar ein kleinerer Teil der Landwirte eine langfristig zunehmende Bodenfruchtbarkeit beobachtet hat. Insgesamt werden als Ursachen für die zunehmende Unfruchtbarkeit und Bodenerosion eine verringerte Brache, und zusätzlich in Halbseßhaften Beduinen auch fehlende Düngung genannt. Wenige Betriebssysteme praktizieren bodenerhaltende Maßnahmen, jedoch ein großer Teil wäre bereit, in Mineraldünger oder auch Erosionswälle zu investieren, im Besonderen die Permanenten Regenfeldbausysteme. Hier wirken sich aber die bisher geringe Barmittelverfüg-barkeit im Fall der Düngung und fehlende Arbeitskapazitäten als hinderlich aus.


Die Ergebnisse der Einkommensanalyse zeigen, daß im Übergangsprozeß von Wandernden und Halbseßhaften Beduinen zu Seßhaften Pastoralsystemen und Permanenten Regenfeldbausystemen das Betriebs- sowie Familieneinkommen beständig sinkt. Ursache ist ein nachlassendes Einkommen aus der Tierproduktion, das weder durch steigende Beiträge aus der Pflanzenproduktion, noch durch höhere außerbetriebliche Einkommen aufgefangen wird. Ein höherer Nahrungsmittelkonsum sowie Kapitaldienst beschränken jedoch Kapitalzuwachs und Schuldendienstkapazitäten bei den Halbseßhaften Beduinensystemen. So erreichen die Seßhaften Pastoralsysteme eine ebenso hohe langfristige Kapitaldienstgrenze, welche jedoch beim Übergang zum Permanenten Regenfeldbau auf die Hälfte absinkt. Eigentum an Boden sowie Gesamtkapital steigt zuerst im Übergang zur Seßhaftigkeit an, fällt jedoch bei den Systemen des Permanenten Regenfeldbaus wieder leicht ab. Die Kapitalausstattung ist hierbei hoch mit verfügbarem außerbetrieblichen Einkommen korreliert, welches ebenfalls ansteigt. Die Familien der Seßhaften Pastoralsysteme schätzen im Vergleich ihre eigene wirtschaftliche Position als am höchsten ein. Im Unterschied hierzu ist die Barmittelverfügbarkeit im Permanenten Regenfeldbau als einziger Gruppe im Jahresvergleich positiv, bedingt durch hohe Lohneinkünfte sowie geringe betriebliche Ausgaben.


Gemäß den Ergebnissen der Langzeitmodellierung sind die allgemeinen Entwicklungspfade der Betriebssysteme der Marginalzone hauptsächlich durch eine zunehmende Intensivierung in der Tierhaltung, steigende Marktorientierung und Entwicklung außerlandwirtschaftlicher Tätigkeiten charakterisiert. Intensiv betriebene Schafhaltung ist der primär kennzeichnende Betriebszweig. Notwendige Voraussetzung für diese Entwicklung ist der Zugang zu Krediten, da die bisher erwirtschafteten Vermögens- und Sparsummen zur Deckung des anfänglichen Investitionsbedarfs nicht ausreicht. Die bisherige Herdenerneuerung durch eigene Nachzucht wird fast vollständig durch Marktzukauf und Marktverkauf des erzielten Nachwuchses verdrängt. Der dadurch entstehende geringere Arbeitsbedarf wird in der Pflanzenproduktion und zunehmend in außerlandwirtschaftlichen Tätigkeiten verwendet.


Permanente Regenfeldbausysteme entwickeln sich dabei zu intensiven Mischbetriebssystemen, wo sich der Anbau von bewässerten Oliven stark ausdehnt und die subsistenzorientierte Ziegenproduktion durch marktorientierte Schafproduktion ersetzt wird. Das außerlandwirtschaftliche Einkommen bleibt dabei auf einem stabilen und hohen Niveau erhalten. Jedoch werden die Betriebssysteme aufgrund stark beschränkter Weidegrundlagen anfällig gegen Dürreperioden und abhängiger von externen Marktzukäufen an Futtermitteln. Die Entwicklungsbeschränkungen sind hauptsächlich durch Knappheit an Ackerland und Zupachtmöglichkeiten in guten Ertragsjahren sowie fehlender weiterer außerlandwirt-schaftlicher Beschäftigungsmöglichkeiten gekennzeichnet.


Seßhaften Pastoralsystemen entwickeln sich im gleichen Zeitraum zu stabilen und hochintensiven pastoralen Systemen, wo außerbetriebliche Beschäftigung und eine begrenzte Ausdehnung des bewässerten Olivenanbaus zusätzliche Einkommensmöglichkeiten eröffnet. Die Marktorientierung in der Tierproduktion erreicht das höchste Niveau im Vergleich mit anderen Betriebssystemen der Marginalzone. Ebenfalls ausgedehnt wird dabei der Futtergerstenanbau durch zunehmende Einbeziehung von Pachtflächen. Das erzielte Einkommen stabilisiert sich dabei auf dem vergleichsweise höchsten Stand aller Betriebssysteme. Immerhin bewirken Dürreperioden auch hier ernsthafte Einbrüche im erzielten Einkommen, da die intensiv betriebene Milchproduktion während solcher Perioden knapper Futtermittel nicht stabil gehalten werden kann. Hauptsächlich begrenzende Faktoren für die weitere Entwicklung stellen die Knappheit an Gerstennanbauflächen und insbesondere die limitierten Mengen an subventioniertem Futter dar.


Die Betriebssysteme der Halbseßhaften Beduinen entwickeln sich zu seßhaften pastoralen Betriebsystemen weiter. Außerbetriebliche Einkommen spielen dabei besonders während der Dürreperioden eine zunehmende Rolle. Trotzdem entwickeln sich alternative Möglichkeiten zur relativ extensiven Tierproduktion zögerlicher als im Fall der anderen Betriebssysteme der Marginalzone. Im Hinblick auf das Einkommen reagieren diese Systeme empfindlicher gegenüber Dürreperioden, da ihre größeren Herden in der Futterversorgung immer noch zu einem hohen Anteil von betrieblich verfügbaren Acker- und Grünflächen abhängig sind. Dabei sind Ausgleichsmechanismen durch limitierte externe Futterversorgung und Knappheit an Familienarbeitskräften unzureichend vorhanden.


Die neu eingeführten Futtersubventionsregulierungen bewirken bei den Permanenten Regenfeldbausystemen einen Wechsel von der Schaf- zur Ziegenproduktion, mit Schwerpunkt auf intensiver Milchproduktion. Bedingt durch den unbeschränkten Zugang zu subventionierten Futtermengen werden ein Großteil der Entwicklungsbeschränkungen dieses Betriebssystemtypus aufgehoben, und die Einkommenssituation entwickelt sich schnell und konstant nach oben. Im Gegensatz dazu bleibt bei den Seßhaften Pastoralsystemen die Schafhaltung der Hauptbetriebszweig. Obwohl die Unterschiede im Gesamten nicht ganz so groß wie bei den Permanenten Regenfeldbausystemen sind, entwickelt sich auch hier ein stabiles, von Ertragsschwankungen nur marginal abhängiges und beständig steigendes Einkommen. Es findet eine Spezialisierung in Mutterschafhaltung statt, wobei der Marktverkauf von Milch und Milchprodukten eine tragende Rolle einnimmt. Die Fütterung basiert nun hauptsächlich auf dem Zukauf subventionierter Futtermittel. Die intensive Milchproduktion führt hauptsächlich zu einer Steigerung der weiblichen innerbetrieblichen Arbeitsbelastung, während die männlichen Arbeitskräfte weiterhin zu einem Teil außerlandwirtschaftlichen Beschäftigungen nachgehen. Bei den Betriebssystemen der Halbseßhaften Beduinen finden sich hingegen die geringsten Auswirkungen im Vergleich, obwohl auch hier das Einkommen kontinuierlich ansteigt und Dürreperioden zumindest keinen prägnanten Ausfall der Einkommensmöglichkeiten mehr provozieren. Der Pflanzenanbau wird nun in Jahren mit schlechter Ertragslage kaum mehr betrieben, während die Herdengröße und auch die Milchproduktion weiter anwächst. Zur Ergänzung der knappen Arbeitskapazitäten werden in Jahren mit großem Herdenzuwachs Fremdarbeitskräfte als Hirten beschäftigt. Der dabei entstehende männliche Familienarbeitskraftüberschuß wird in schlechten Jahren teilweise durch außerbetriebliche Beschäftigung aufgefangen.


Die Abschaffung von Futtersubventionen mit unbeschränktem Zugang zu Marktfutter reduziert die Einkommen in der Marginalzone durch die höheren Futterpreise je nach Betriebssystem um zehn bis zwanzig Prozent im Vergleich zur Situation mit neu eingeführten Subventionsbedingungen. Bei den Permanenten Regenfeldbausystemen ergibt sich wieder eine etwas höherer Anbau von Marktfrüchten in guten Jahren, während im Gegenzug die außerbetriebliche Beschäftigung in diesen Jahren etwas eingeschränkt wird. Durch die freien Auswahlmöglichkeiten bei der Marktfutterbeschaffung erhöht sich zwar die Milchproduktion um ein weiteres, aber die höheren Ausgaben für Futter und die außerbetrieblichen Einkommensverluste führen hier letztendlich zu einem Einkommensverlust von 12 Prozent. Bei den Seßhaften Pastoralsystemen bewirkt die marktwirtschaftliche Maßnahme eine weitere Allokation der Arbeitskapazitäten zur Tierhaltung und außerbetrieblichen Tätigkeiten. Im Gegensatz zu Permanenten Regenfeldbausystemen wird die Pflanzenproduktion nicht ausgedehnt. Jedoch intensiviert sich auch hier nochmals die Milchproduktion, aber die Erhöhung der Futterpreise bewirkt hier sogar eine Verschlechterung des letztendlich erzielten Einkommens um 18 %. Im Fall der Betriebssysteme der Halbseßhaften Beduinen ergibt sich sogar eine Einkommenseinbuße um 40 %, jedoch sind die absoluten Einkommensverschlechterungen vergleichsweise gering, und die Schwankungen in Dürrejahren nehmen weiter ab.


Die Einführung eines Anbauverbots von Getreide in der Marginalzone hat unter den Bedingungen unbeschränkten Futterzukaufs geringe Auswirkungen auf die Einkommensentwicklung- und Schwankungen über die Jahre. Die Permanenten Regenfeldbausystemen reagieren mit einer Ausdehnung der Olivenanbauflächen, während die Seßhaften Pastoralsysteme die Olivenproduktion verringern. Hier werden nun außerbetriebliche Einkommensmöglichkeiten bevorzugt wahrgenommen. Bei den Betriebssystemen der Halbseßhaften Beduinen werden die frei werdenden Arbeitskräfte bei noch etwas gestiegenen Herdengrößen in der Tierproduktion und in geringerem Umfang in außerbetrieblichen Tätigkeiten eingesetzt. Die dabei erzielte Steigerung der Milchmengen und Lohneinkünfte kann jedoch die Ausfälle in der betrieblichen Pflanzenproduktion nicht vollständig ausgleichen, so daß sich eine Verringerung der Einkommen um durchschnittlich fünf Prozent ergibt.

Schlußfolgerungen


Im Übergangsprozeß von Halbseßhaften Beduinen zu Seßhaften Pastoralsystemen und Permanenten Regenfeldbausystemen vermindert sich zwar das Einkommen der Betriebssysteme, aber gleichzeitig erhöhen sich durch vermehrt außerbetriebliche Tätigkeiten die Barmittelverfügbarkeit und der Anteil konstanter Einkommensbeiträge.


Die Degradierung der Bodenressourcen in der Marginalzone Jordaniens stellt hauptsächlich ein Problem in den Betriebssystemen der Halbseßhaften Beduinen und der Permanenten Regenfeldbausysteme dar, während die Seßhaften Pastoralsysteme stabilere agro-ökologische Verhältnisse genießen. Fehlende Eigenkapitalressourcen, aber auch Knappheit an Familienarbeitskräften im Fall der Halbseßhaften Beduinen und mangelnde Beratung hindert die Betriebssysteme an bodenverbessernden- und erhaltenden Maßnahmen.


Die Modellierung zukünftiger Entwicklungswege zeigt auf, daß ein erhebliches Potential für eine dauerhafte und stabile Entwicklung der Betriebssysteme in der Marginalzone vorhanden ist. Trotzdem befinden sich unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen die Systeme der Halbseßhaften Beduinen in der deutlich schlechtesten Ausgangslage für eine weitere Entwicklung. In der Vergangenheit gab es bereits Anstrengungen zur Verbesserung und Stabilisierung der Einkommen von Beduinenfamilien durch Anstellungsmöglichkeiten in öffentlichen Ämtern und der Armee. Um jedoch mit dem schnell sich entwickelnden Prozeß der Seßhaftwerdung und den steigenden sozio-ökonomischen Anforderungen sowie der raschen Weiterentwicklung und Intensivierung in den anderen Betriebssystemen Schritt zu halten, sind tiefgreifendere Maßnahmen zur Verbesserung der Humankapazitäten unumgänglich.


Der Zugang zu geeigneten Kreditmöglichkeiten stellt einen entscheidenden Engpaß zu Beginn der weiteren Langzeitentwicklung dar, da die entsprechenden Sparsummen für notwendige Investitionen unzureichend sind. Die mittlerweile eingeführten neuen Subventionsregelungen für Tierfutter tragen entscheidend zur Entwicklung intensivierter und einkommensstabiler Betriebssysteme bei, sofern diese Grundbedingungen erfüllt sind. Da auch die vollständige Abschaffung der Regulierungsmechanismen im Futterbereich dieser Situation gegenüber keine deutliche Verschlechterung bewirken würde, könnte dies eine von staatlicher Seite im Hinblick auf deren makro-ökonomische Auswirkungen zu untersuchende und gegebenenfalls mikro-ökonomisch akzeptabel umsetzbare Maßnahme sein. Dies setzt allerdings keine grundlegende Veränderung der Futterpreismarktlage voraus. Das Verbot des Getreideanbaus kann unter der Voraussetzung einer erwiesenen Stabilisierung der Bodenverhältnisse als einkommensneutrale Maßnahme in Erwägung gezogen werden. Allerdings würde dies immer noch geeignete Kreditzugangsmöglichkeiten, die Liberalisierung der Futtermärkte und passende Implementierungs- und Kontrollmodalitäten erfordern.